Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Patient lange beatmet werden muss. Diese lassen sich nachfolgend grob unterteilen:
1. Das Atemzentrum ist geschädigt, beispielsweise durch einen Schlaganfall oder eine Hirnblutung. Hier ist der Atemantrieb gestört. Störungen auf der Höhe des oberen Rückenmarkes (Querschnittlähmung) oder der zur Atemmuskulatur führenden Nerven können ebenso Ursache einer Lähmung der Atemmuskulatur sein.
2. Es liegt eine Lungenschädigung vor, beispielsweise durch eine chronisch obstruktive Bronchitis (COPD), eine Infektionserkrankung der Lunge (Covid-19) oder anders verursachte Atemwegserkrankungen. Hierbei werden die Ventilation, also die Funktion des Ein- und Ausatmens und/oder der Gasaustausch, das heißt der Wechsel von Sauerstoff und Kohlendioxid beim Übergang von den Lungenbläschen in das Blut und umgekehrt, beeinträchtigt.
3. Auch Muskelerkrankungen wie Muskeldystrophien oder die nach septischen Infektion häufige Critical Illness Myopathie (CIM) schwächen die Atemmuskulatur und der Patient hat nicht mehr genug „Kraft“ zum Atmen und um sein Bronchialsekret abzuhusten.
4. Durch erworbene und angeborene Fehlbildungen des Brustkorbes kann die Lunge sich nicht voll ausdehnen und ist in ihrem Platz und ihrer Funktion eingeschränkt.
Beatmung ist nicht gleich Beatmung
Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, wie eine Beatmung eingestellt werden kann. Dies ist abhängig vom bestehenden Atemproblem. Moderne Beatmungstechnik unterstützt den Weaningprozess durch integrierte Programme zur Entwöhnung.
Patienten mit chronischen Erkrankungen können ihr Atmungsdefizit häufig längere Zeit ausgleichen. Erst ein akutes Ereignis, wie z.B. eine Lungenentzündung, führt zu einer Dekompensation und unter Umständen zur Beatmung.
Eine Beatmung hat bei allen Patienten relativ frühzeitig eine Abnahme der Atemmuskulatur zur Folge. Diese ist wesentlich, um Atemarbeit leisten zu können. Um wieder selbstständig atmen zu können, gilt es, diese Muskulatur wieder aufzubauen. Das geschieht im übertragenen Sinne wie beim Sport. Es gibt eine Art Trainingsplan. Das Training besteht darin, den Patienten langsam zu trainieren, damit er mehr Kraft bekommt. „Zu Beginn werden kurze Anstrengungsphasen, bei denen der Patient entweder selber atmet oder das Beatmungsgerät weniger unterstützt, abwechselnd mit Erholungsphasen, in der der Patient sich wieder entspannen kann, unter enger Überwachung durchgeführt“, erklärt Chefarzt Dr. Olaf Lück.
Diese Anstrengungsphasen werden nach einem individuellen Plan kontinuierlich ausgeweitet bis der Patient im Idealfall wieder über 24 Stunden selbstständig atmet. Wie lange dieser Prozess nach einer langen Beatmungszeit dauert, ist sehr individuell und ebenso individuell sind die Trainings-Weaningpläne. Dieser Prozess wird streng überwacht. Stetig wird der Gasaustausch mithilfe von Blutgasanalysen kontrolliert. Es wird festgestellt, ob genügend Sauerstoff aufgenommen und Kohlendioxid abgeatmet werden kann. Zudem wird geprüft, ob der Patient unter Erschöpfung leidet. Dies äußert sich beispielsweise in einer schnellen Atmung, Leistungsminderung oder vermehrter Müdigkeit.